Dienstag, 11. November 2014

Berliner Kurier 11.11.2014

Die A100-Rebellen

Schickt doch eure Bagger, wir bleiben hier! 


von Nicole Schulze
http://www.berliner-kurier.de/kiez-stadt/die-a100-rebellen-schickt-doch-eure-bagger--wir-bleiben-hier--,7169128,29007442.html

Treptow –  Auf Gehwegen und Beeten liegt das Laub verstreut, vor den Lauben stehen Kisten voller Hausrat, auch Gerümpel lagert am Eingang der Kleingartenkolonie „Alt-Ruhleben“ in der Beermannstraße. Am Mittwoch werden die knapp 20 Parzellen geräumt – doch einige Pächter wehren sich, wollen die Bagger nicht in die Gärten lassen.
Aufbruch, Abbruch, Abgesang. Für den umstrittenen Weiterbau der A100 nach Friedrichshain muss die Kolonie weichen (der KURIER berichtete). „Das wollen wir uns nicht gefallen lassen“, sagt Annika Badenhop (31), die zusammen mit ihrem Partner Andreas Germuth (45) ein knapp 340 Quadratmeter großes Grundstück bewirtschaftet. „Morgen werden wir niemanden auf unsere Parzelle lassen“, erklärt die selbstständige Autorin, die über das Gärtner-Leben in der Kolonie „Alt-Ruhleben“ bloggt (www.im-grünen-himmel.de).

Auch Annika Badenhop (31) und Andreas Germuth (45, mit „Kalle“) werden den Baggern nicht freiwillig Platz machen.
Foto: Teich


Auch Nachbarin Susanne Walter (47) kann sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass „Alt-Ruhleben“ bald eine Brache sein wird, wehrt sich gegen die Räumung. Die Kreuzbergerin würde gern bleiben: „Das ist eine Geldfrage. Als ich das Grundstück 2003 übernahm, habe ich 2500 Euro Abstand bezahlt. Jetzt stehen mir laut Gutachten nur 1300 Euro zu, obwohl ich noch viel investiert habe“, ärgert sich die Pflegedienstleiterin. Wie sie einen neuen Garten finanzieren sollte, weiß sie nicht. „Deshalb wird bei mir nichts geräumt, so lange es kein klärendes Gespräch mit der Senatsverwaltung gab“, so Susanne Walter.
Bei dem Gedanken, dass ihre Obstbäume und Blumen demnächst von Baggern entsorgt werden, wird sie traurig: „Da geht es mir echt miserabel!“

„Ich gebe nicht auf“, sagt Susanne Walter (47). Am Mittwoch wird sie niemanden in ihren geliebten Garten lassen.
Foto: Teich

Die meisten Pächter sind wütend, alle aber zumindest wehmütig. „Immerhin hat man hier sein halbes Leben verbracht“, sagt Hartwig Graf (63), der seinen Garten seit 1978 hat. Jetzt ist alles gepackt. Aus und vorbei.

Seit 1978 hat Hartwig Graf (63) seine Parzelle bewirtschaftet. „Meine Kinder sind hier groß geworden“, sagt der Treptower.
Foto: Teich

Ähnlich geht es Maria Zentgraf (51) und Roman Drazil (62), die gleich um die Ecke wohnen und jede freie Minute gärtnerten: „Es ist eine Schande, das alles zu zerstören.“ 

Maria Zentgraf (51) und Roman Drazil (62) finden es „furchtbar“, dass die Kleingartenkolonie für die A100 zerstört wird.
Foto: Teich

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